Deutscher Bauherrenpreis

Hohe Qualität – Tragbare Kosten im Wohnungsbau

Köln-Ostheim, Buchheimer Weg / Grevenstraße

Preis:
Deutscher Bauherrenpreis Neubau 2012 und Sonderpreis „Freiraumgestaltung im Wohnungsbau“
Ort:

Köln

Bauherr:

GAG Immobilien AG, Köln

Architekt:

ASTOC Architects and Planners, Köln

Siedlung der 1950er-Jahre – Neue städtebauliche, freiräumliche und architektonische Qualitäten

Projektblatt

Die Wohnsiedlung liegt am östlichen Rand Kölns, sechs Kilometer vom Zentrum entfernt. Sie ist Teil einer Siedlung der 1950er Jahre, die mit ihren Zeilenbauten und offenen Freiräumen typisch für den Nachkriegsstädtebau in Deutschland ist. Die Gebäude waren 50 Jahre nach ihrem Bau in einem sehr schlechten Zustand. Sie energetisch zu ertüchtigen und zu sanieren wäre nicht rentabel gewesen. Daher war Gelegenheit, das städtebauliche Konzept generell zu überdenken mit dem Ziel, dichter und kostengünstig mit Blick auf niedrigere Einkommensgruppen zu bauen und dennoch freiräumliche Qualitäten zu erhalten sowie neue hochbauliche Qualitäten zu gewinnen.

Die städtebauliche Figur ist ausgezeichnet gelöst. Die Planer gaben den Zeilen einen Knick in der Mitte, sodass je zwei dieser Zeilen zueinander und voneinander weg weisen. Dieser scheinbar ganz einfache Eingriff führt zu enormen Verbesserungen: Die Zeilenzwischenräume werden lose gefasst, ohne die Probleme der Zeilenbauweise zu schaffen. Alternierend entstehen so grüne Innenhöfe und halböffentliche Höfe auf der Erschließungsseite, die sich Bewohner und Besucher aneignen können. Die Dichte in der Siedlung konnte deutlich erhöht werden, ohne dass dies unangenehm auffallen würde.

Mit den geknickten Zeilen entstehen Frei-Räume, die dank einer sensiblen Freiraumplanung beispielhaft gestaltet sind, unterschiedlich genutzt werden können und eine eigene Identität entwickeln. Die Freiräume sind teilweise den Wohnungen zugeordnet oder als kleine Terrassen ausgebildet. Feine Abstufungen leiten von den privaten über halböffentliche zu den öffentlichen Räumen über. Dadurch ist ein eigenständiges System entstanden, das langfristig einen eigenen Charakter entwickeln wird. Auch die Gemeinschaftsanlagen und Spielplätze haben einen eigenen Charakter und und erhöhen die Benutzbarkeit des Freiraumes in hoher Qualität zu tragbaren Kosten. Der vorhandene Baumbestand bleibt weitgehend erhalten.

Insgesamt wurden 434 Wohnungen in drei Bauabschnitten gebaut. Die nutzer-orientierten Grundrisse zeigen, dass in Verbindung mit anspruchsvoller Architektur unterschiedliche Lösungen möglich sind. Alle Wohnungen sind barrierefrei, Pflegeleistungen sind integriert. Obwohl die günstigen Sozialmieten erhalten bleiben konnten, gibt es Tiefgaragen mit direktem Zugang zum Gebäude. Zwei Häuser wurden mit Aufzügen ausgestattet, bei allen anderen Gebäuden können diese nachgerüstet werden. Standardmäßig werden zwei Wohnungen durch ein Treppenhaus erschlossen, an den Gebäudeenden finden sich überwiegend Dreispänner. Die Größen der öffentlich geförderten Wohnungen reichen dabei von der Einzimmerwohnung bis hin zur Vierzimmerwohnung.

Das Wohnquartier wurde um belebende Infrastruktureinrichtungen ergänzt – wie ein Mietercafé, quartiersnahe Büronutzungen und eine dreizügige Kindertagesstätte. Die Wohnnutzung wird bereichert durch ein Wohnheim für Menschen mit Behinderung und eine Wohngruppe für Demenzkranke. Statt der Satteldächer wurde eine geneigte Dachform gewählt: Der traditionell mittig sitzende Dachfirst wurde diagonal auf die jeweiligen Außenecken des Gebäudes gezogen. Dadurch entstehen die für die Siedlung charakteristischen fallenden und steigenden Traufkanten.

Um das neue Denken im Siedlungsbau auch in einer frischeren Gestaltung zum Ausdruck zu bringen, haben alle Häuser mineralische Putzfassaden in fünf hellen Grüntönen: Über das gesamte Quartier verändert sich der Helligkeitswert von Nordost nach Südwest von einem hellen zu einem dunkleren Grün. Jeweils zwei Farbwerte finden sich an einem Haus. Der Wechsel befindet sich an den Hausecken und an den Knicklinien. Das nächste Gebäude nimmt einen Farbwert des benachbarten Gebäudes auf und wechselt zum nächstdunkleren Tonwert. Diese Farbgebung unterstreicht die Plastizität der Baukörper.

Der Entwurf für den Neubau der Siedlung beweist, dass die Vorteile des Zeilenbaus wie gute Belichtung, Belüftung und Orientierung erhalten bleiben, und dennoch überzeugende Stadträume geschaffen werden können. Er versteht sich als kritische Fortschreibung der 1950er-Jahre-Konzepte. Die Auseinandersetzung mit dem Siedlungsbau-Erbe der 1950er und 1960er Jahre ist hochaktuell, und der Entwurf für die Siedlung am Buchheimer Weg bezieht seine größere Bedeutung daraus, dass er als Orientierung für andere Siedlungen dieser Typologie dienen kann.

Bauherrin und Planer haben sich einer intensiven Auseinandersetzung mit den Mietern gestellt und gezeigt, dass im Zusammenspiel der verschiedenen Partner außergewöhnliche Lösungen entstehen können und ein ganzheitlicher Ansatz auf höchstem Niveau realisiert werden konnte. Er beweist, dass die Lebensbedingungen in einem sozial schwierigen Stadtteil verbessert und der Nachkriegsstädtebau mit einfachen Mitteln um neue Qualitäten ergänzt werden kann.